Der Europäische „Weg der Zisterzienser“ – Unterwegs im ältesten europäischen Netzwerk
Ein „Weg der Zisterzienser“ ist das Ziel des transnationalen LEADER-Kooperationsprojekts zur Bewerbung um das länderübergreifende Europäische Kulturerbe-Siegel (EKS) von 18 Zisterzienserklöstern in sechs Ländern.
Er soll als Wegenetz mit einer Länge von fast 5.000 Kilometern die Klosterlandschaften auf europäischen Fernwanderwegen von Ost nach West verbinden und damit die Wege der Zisterzienseräbte im Mittelalter nachzeichnen, die einmal jährlich ins burgundische Cîteaux, ihr Mutterkloster, zum Generalkapitel reisten. Die Planungen sehen aktuell einen drei Linien umfassenden Wanderweg vor. Die Nordlinie führt von Kloster Wagrowiec in Polen über Loccum bei Hannover, nach Frankreich. Über die Zentrallinie können die Klosterlandschaften Velehrad, Žďár nad Sázavou und Plasy in Tschechien über Waldsassen, Langheim und den historischen Knotenpunkt Ebrach im Steigerwald mit Bronnbach über Maulbronn bis zum Höhe- und Endpunkt des Weges in Cîteaux erwandert werden.
Die slowenischen Zisterzienserabteien Kostanjevica na Krki und Sticna liegen auf der Südlinie, die weitere attraktive Ziele, wie die Kulturlandschaften um die Stifte Rein und Zwettl in Österreich und Vyšší Brod in Böhmen erschließt. Die gesamte Strecke sucht dabei immer wieder die Nähe zu sogenannten Altstraßen, den mittelalterlichen Handels- und Reisewegen der Äbte und Mönche. Zisterziensische Klosterlandschaften zeugen noch heute von der Beteiligung des bedeutendsten mittelalterlichen Ordens an der Werdung Europas. Die europaweit einheitliche Siedlungsweise und Landschaftsnutzung der Zisterzienser soll europäisches Kulturerbe werden. „Mit dem ‚Weg der Zisterzienser‘ lassen wir dieses Kulturerbe lebendig werden,“ schwärmt der Bamberger Landrat Johann Kalb, der in diesem Projekt auch die Möglichkeit sieht, regionale Produkte und den Tourismus zu fördern. Noch heute besonders interessant sind die „Außenstationen“ der Klöster in der Landschaft, die sogenannten Grangien, die als hochspezialisierte Produktionsstätten in Eigenbetrieb nicht nur das Kloster versorgten, sondern mit ihren Überschüssen für Handelsware wie Wein, Getreide, Holz oder Obst sorgten. Im Barock wurden sie häufig zu stattlichen Amtssitzen des Klosters ausgebaut. Der „Weg der Zisterzienser“ soll dieses oft unbekannte, versteckte Erbe „erwanderbar“ machen. Auf den Spuren der Handels- und Reiserouten durchquert der „Weg der Zisterzienser“ Europa und folgt nicht nur der Tradition der Äbte auf dem beschwerlichen Weg nach Cîteaux, sondern zeigt auch die Verbindungen der Klöster untereinander auf. Die Zisterzienser legten so ein Netz von Klöstern, Wirtschafts- und Stadthöfen und Wegen über Europa – ein Netz, das zur Transportstrecke von Spiritualität und Kunst, aber vor allem von technischen und landwirtschaftlichen Innovationen wurde. Hilfreich für die Weglegung sind die überlieferten Reiseberichte der Äbte. Einer solchen Aufzeichnung des 17. Jahrhunderts entnehmen wir, dass selbst die Reise mit der Kutsche durch den schlechten Zustand der Straßen eine beschwerliche Fahrt war und man sich in gewissen Gegenden das Bett mit einer Laus teilen musste. 1601 machten sich der Abt von Ebrach und Vikar des Generalabtes in Franken, Hieronymus Hölein und der Abt von Bildhausen, Michael Christ, mit Begleitern auf den strapaziösen Weg nach Cîteaux, dabei legten sie mit Pausen an den zisterziensischen Stationen und in Gasthöfen täglich ca. 30 – 80 km zurück und waren insgesamt über zwei Monate unterwegs. Aus diesem Bericht geht hervor, dass die Reise aus Franken über die burgundische Pforte zunächst nach Dijon führte, wo sich alle Besucher des Generalkapitels versammeln mussten, ehe sie wohl organisiert weiter ins nahe Cîteaux reisen durften. Auch im 17. Jahrhundert erwarben die Reisenden Andenken und Bücher und hatten Gastgeschenke im Gepäck. Neben dem Austausch über die Filiationspraxis der Zisterzienser, d. h. der Gründung von Tochterniederlassungen und Weitergabe von Personal, Wissen und Waren, trug auch die rege Reisetätigkeit zu einem europäischen Austauschbei. Zusammen mit den 18 EKS-Projektpartnernsowie Tourismus- und Wanderverbänden sollen die historischen Verbindungen in der Landschaft auf dem „Weg der Zisterzienser“ als großes Ganzes erfasst und mit Tagestouren im Kleinen wieder wahrnehmbar werden. Die Erinnerung an die gemeinsame Geschichte, das verbindende Kulturerbe und die Neuentdeckung verborgener Schätze, machen die Kulturlandschaft der Zisterzienser erlebbar. In Bayern zählen die Klöster Ebrach, Langheim und Waldsassen zum Projekt. Bezirke, Landkreise und beteiligte Gemeinden arbeiten unter der Federführung des Landkreises Bamberg gemeinsam an der Sichtbarma-chung ihres zisterziensischen Erbes. Erste Ergebnisse zum Routenverlauf in Franken betonen die besonderen Attraktionen an den Verbindungslinien Kulmbach – Bamberg – Würzburg: Hier reihen sich Kloster Langheim mit der zisterziensischen Wallfahrtskirche Vierzehnheiligen, die Altstadt von Bamberg mit ihren Ebracher und Langheimer Stadthöfen, die „Hohe Straße“ in den Steigerwald und in die teich- und waldrei-che Klosterlandschaft Ebrach mit ihrer eindrucksvollen Abtei und den barocken Amtsschlössern Burgwindheim, Oberschwappach und Sulzheim aneinander. In Mainstockheim erreicht der Weg den Main und damit das Amtsschloss und die ehemaligen Weinberge des Klosters Ebrach. Weitere Höhepunkte folgen in Maidbronn und Würzburg, wo das Kloster Ebrach mit einem Stadthof vertreten war. Über Veitshöchheim soll der Weg dann ins Taubertal führen, wo mit dem ehemals den Ebracher Äbten unterstellten Kloster Bronnbach das nächste Klosterhighlight wartet.
Mehr Infos über das Projekt finden Sie unter www.cisterscapes.eu.